Mietwagenkosten

Eine Schadensposition, die gerade bei Unfällen regelmäßig entsteht, sind die Kosten für die Anmietung eines Ersatzfahrzeugs.

Grundsätzlich hat ein Geschädigter, der wegen des Unfalls sein Fahrzeug nicht nutzen kann, einen Anspruch auf Erstattung der Mietwagenkosten für ein gleichwertiges Fahrzeug gegen den Schädiger bzw. dessen Haftpflichtversicherer.

Voraussetzung ist, dass die Anmietung eines Ersatzfahrzeugs erforderlich ist, dass beim Geschädigten ein Nutzungswille und die Nutzungsmöglichkeit vorliegt und dass der Anspruch auf einen Mietwagen nicht von vornherein wegen geringen Fahrbedarfs oder Zugänglichkeit eines Zweitwagens ausgeschlossen ist.

Muss das eigene Fahrzeug in einer Werkstatt repariert werden, dann ist die Anmietung eines Ersatzfahrzeuges in der Regel erforderlich. Was das Stichwort "Nutzungsmöglichkeit" betrifft, so fehlt diese, wenn der Geschädigte bei dem Unfall so schwer verletzt wurde, dass er infolgedessen kein Fahrzeug lenken kann. Die Zugänglichkeit eines Zweitwagens für den Geschädigten bedeutet nicht, dass er etwa auf Fahrzeuge von Familienangehörigen zurückgreifen muss, wenn diese den Wagen selbst benötigen - ist es allerdings so, dass der Geschädigte in seiner Garage noch ein weiteres Fahrzeug zu seiner eigenen Nutzung zur Verfügung hat, dann muss er grundsätzlich auf dieses zurückgreifen. Wenn der Geschädigte pro Tag unter 20 kilometer zurücklegt, dann geht man von einem geringen Fahrbedarf aus, der etwa auch durch die Inanspruchnahme eines Taxis ausgeglichen werden kann. Das gilt allerdings nicht, wenn der Geschädigte trotz geringen Fahrbedars darauf angewiesen ist, ständig ein Auto verfügbar zu haben.

Macht der Geschädigte von seinem Recht, ein Ersatzfahrzeug anzumieten, keinen Gebrauch, dann kann er stattdessen Nutzungsausfallentschädigung verlangen (s. hierzu unter dem Stichwort "Nutzungsausfall").

Was die Regulierung der unfallbedingt angefallenen Mietwagenkosten betrifft, so kommt es hier immer wieder zu Streitigkeiten, da die Haftpflichtversicherer mit verlässlicher Regelmäßigkeit einwenden, dass die Kosten für das angemietete Fahrzeug angeblich zu hoch seien.

Die wiederkehrenden Streitigkeiten ranken sich um das Spannungsfeld zwischen Anspruch auf Schadensersatz des Geschädigten einerseits und seiner Verpflichtung zur Schadengeringhaltung andererseits. Dies bedeutet nichts anderes, als dass der Geschädigte sich wie ein wirtschaftlich und vernünftig denkender Mensch zu verhalten hat, um mit entsprechendem Erfolg seine Schadensersatzpositionen durchsetzen zu können.

Die Unternehmen, die einem Unfallgeschädigten ein Ersatzfahrzeug vermieten, berechnen dabei gern einen sogenannten Unfallersatztarif, der wesentlich teurer ist als der Normaltarif.

Bis ins Jahr 2004 konnte ein Unfallgeschädigter die Erstattung dieses hohen Unfallersatztarifes als Schadensposition bedenkenlos geltend machen. Dann entschied der BGH in einem Urteil vom 12.10.2004 (Az.:VI ZR 151/03), dass der Unfallersatztarif nur dann einen erforderlichen Aufwand zur Schadensbeseitigung darstellt, wenn die besonderen Umstände des Verkehrsunfalles und der Situation nach dem Unfall die Berechnung eines über dem Normaltarif liegenden Unfallersatztarifes notwendig machen.

Der BGH hat in weiteren Urteilen ausgeführt, dass der Tatrichter die Erforderlichkeit eines Unfallersatztarifes zu schätzen hat, wobei auch ein pauschaler Aufschlag auf den Normaltarif in Betracht kommen kann (vgl. BGH Urt. vom 25.10.2005, Az. VI ZR 9/05).

Dies hat zur Folge, dass die Notwendigkeit der Berechnung eines Unfallersatztarifes von den Haftpflichtversicherern häufig außergerichtlich erst einmal bestritten wird. Die Instanzgerichte, d.h. die Gerichte, die in erster Instanz zuständig sind, beurteilen die Notwendigkeit der Anwendung von Unfallersatztarifen sehr unterschiedlich, was wiederum nicht verwundert, da die Fallkonstellationen meist so verschieden sind, dass die Frage der Notwendigkeit nicht pauschal beantwortert werden kann, sondern im Einzelfall geprüft werden muss. 

Ausgangspunkt für die Beurteilung der Erforderlichkeit der angefallenen Mietwagenkosten ist also mittlerweile der sogenannte Normaltarif der Mietwagenunternehmen, der von den Gerichten vorwiegend auf Grundlage des Schwacke-Mietpreisspiegels im Postleitzahlengebiet des Geschädigten ermittelt wird, mitunter auch aus einem Mittelwert des Schwacke- sowie des Fraunhofer-Mietpreisspiegels. Dann wird geprüft, ob ein Pauschalaufschlag auf den Normaltarif angezeigt ist und wenn dies der Fall ist, ob darüber hinaus aufgrund der unfallspezifischen Besonderheiten gar ein Unfallersatztarif erstattungsfähig ist, der über den Normaltarif mit Pauschalaufschlag hinausgeht.

Dies alles dürfte für den unfallgeschädigten Laien verwirrend und unbefriedigend klingen und das ist es auch, zumal nicht ohne weiteres die Möglichkeit besteht, schnell herauszufinden, was der gängige Normaltarif der Autovermietungen ist. Außerdem sind die Mietwagenunternehmen  - wohl aufgrund der Rechtsprechung zu den "Unfallersatztarifen" - dazu übergegangen, ihre angebotenen Tarife nicht mehr als "Unfallersatztarif" zu bezeichnen, sondern Bezeichnungen wie "Standardtarif" oder "Einheitstarif" zu verwenden, was für den entsprechenden Kunden ausgehend von der Bezeichnung erst einmal so aussieht, als ob es sich um den Normaltarif handelt.

Die unfallspezifischen Faktoren, die zu einer Erhöhung des Normaltarifes führen, sind vielfältig und die Branche der Autovermieter ist diesbezüglich auch recht kreativ, was die Begründungen zur Erhöhung des Mietwagenpreises bei Unfällen betrifft. Beispielhaft sind hier nur ein paar Faktoren aufgeführt:

- Zustellungskosten: Weil bei der Zustellung und Abholung von Unfallersatzautos immer zusätzliche Fahrer eingesetzt werden müssen, die mit zwei Fahrzeugen  fahren, entstehen erhöhte Kosten. Dies ist ein durchaus nachvollziebarer Kostenfaktor - die Versicherungen versuchen jedoch dennoch regelmäßig, die Zustellkosten unter Verweis auf ihre Mietpreisspiegel zu drücken

- Notdienste außerhalb der üblichen Öffnungszeiten: Weil sich Unfälle nicht nur in der Zeit von Montag bis Freitag zwischen 9 und 17 Uhr ereignen, sondern auch nachts, am Wochenende und an Feiertagen, sehen sich die Autovermietugen außerhalb der üblichen Öffnungszeiten mit Personal- und Verwaltungskosten für Notdienste konfrontiert, die sich auf den Preis des angemieteten Ersatzfahrzeuges auswirken. Auch diese Kosten werden von den Haftpflichtversicherern häufig nicht voll erstattet.

- Forderungsausfallrisiko des Mietwagenunterneh-mens: Die Mietwagenunternehmen begründen den höheren Mietwagenpreis für Unfallersatzfahrzeuge in aller Regel ferner damit, dass sie hier mit einem höheren Forderungsausfallrisiko konfrontiert seien als sonst. Dies wird damit begründet, dass der Unfallgeschädigte seine Mithaftung am Unfall oft falsch einschätze, wodurch dieser schlussendlich einen Teil der Mietwagenkosten selbst tragen müsse, wozu der Unfallgeschädigte aber häufig nicht fähig sei. Außerdem werde bei der Unfallvermietung oft nicht über die Kreditkarte des Geschädigten vorab abgerechnet, wie sonst jedoch üblich, was für die Autovermietung ein weiteres Forderungsausfallrisiko bedeute und sich wiederum in einem erhöhten Tarif bei Ersatzfahrzeugen für Verkehrsunfälle auswirke.

Wenn sich der für den Unfallersatzwagen veranschlagte Tarif als überhöht darstellt, muss aber trotzdem noch geprüft werden, ob dem Geschädigten ein günstigerer Tarif im konkreten Fall nicht zugänglich gewesen ist. Hier ist auf den Geschädigten und seine individuellen Einflussmöglichkeiten auf das Geschehen abzustellen - ein Unfall, der sich an einem Wochentag zu den üblichen Öffnungszeiten ereignet, wirkt sich auf das Folgegeschehen anders aus als ein Unfall, der sich am zweiten Weihnachtsfeiertag nachts um zwei ereignet, wenn der Unfallgeschädigte am nächsten Tag um 8 Uhr bei seiner 400 km entfernten Arbeitsstätte zu erscheinen hat. Wochentags dürfte es für den Unfallgeschädigten regelmäßig kein Problem darstellen, sich nach günstigeren Vergleichsangeboten zu erkundigen bzw. nachzufragen, ob der angebotene Tarif ein Normaltarif oder ein Tarif mit irgendwelchen wie auch immer gearteten Zuschlägen ist - an Feiertagen sieht dies aufgrund der eingeschränkten Möglichkeiten oft anders aus. In diesen Konstellationen ist es Sache des Geschädigten, darzulegen, dass ihm kein günstigerer Tarif zugänglich war.

Die Situation sieht jedoch anders aus, wenn nach objektiven Gesichtspunkten ein Unfallersatztarif erforderlich war, aber der Haftpflichtversicherer des Schädigers behauptet, dass der Geschädigte ohne weiteres einen günstigereren Tarif hätte in Anspruch nehmen können - hier ist es Sache des Schädigers bzw. seines Haftpflichtversicherers seine Behauptung zu beweisen. 

Schlussfolgerung aus alledem für Sie als Geschädigter: 

Verhalten Sie sich, wenn Sie unfallbedingt ein Ersatzfahrzeug anmieten müssen, so, als ob Sie den Mietwagen selbst zahlen müssten - das bedeutet für Sie, den Autovermieter zu befragen, wie sich konkret der angebotene Tarif zusammensetzt, was ein Mietwagen kosten würde, wenn sie ihn ohne vorherigen Unfall anmieten würden (Normaltarif) und dieses Gespräch am besten deutlich auf den Vertragsunterlagen festzuhalten. Wenn irgend möglich, rufen Sie auch andere Autovermietungen an, um Preise einzuholen.